Innovation ohne Zauberstab
„Innovation ist ein Beruf und keine Magie, die in Ihrem Unternehmen stattfindet. Vergessen Sie den Zufall, dann haben Innovationen die größten Erfolgschancen“, erklärt Hedi Visscher (48), Geschäftsführerin bei PortXL.* „Beginnen Sie mit einer Innovationsstrategie“, so lautet einer ihrer Ratschläge.
PortXL verknüpft (inter-)nationale Start-ups und Scale-ups mit den innovativen Herausforderungen unserer Partner“, erzählt Hedi. „Die Auswahltage finden dieses Jahr im Juni statt. Anschließend befassen sich die ausgewählten Start-ups und Scale-ups drei Monate lang mit den Innovationsaufgaben. Das Programm startet im September. An welchen Herausforderungen wir gerade arbeiten? Eine der Fragestellungen im Rotterdamer Hafen lautet beispielsweise: Wie sorgen wir in Zukunft für Sicherheit und Verfügbarkeit, wenn es um das Tanken von alternativen Brennstoffen und das Laden von maritimen Akkupacks geht?“
Erfolgsfaktoren für Innovation
Hedi empfiehlt, strategische Stützpfeiler zu benennen, um die Innovation in ein Unternehmen einzubetten. Sie fasst die Aufgaben folgendermaßen zusammen: „Sorgen Sie dafür, dass Sie eine Innovationsstrategie formulieren, die von der allgemeinen Unternehmensstrategie abgeleitet wird. Fragen Sie sich, wie Innovation dazu beitragen kann, Ihre strategischen Ziele umzusetzen. Überlegen Sie sich, in welchen Themenbereichen Sie innovieren möchten. Fassen Sie das Problem zusammen. Stellen Sie Hypothesen auf. Testen Sie anschließend Ihre Annahmen und untersuchen Sie, welche cleveren Dinge es außerhalb Ihres Unternehmens gibt. Vor allem: unterstützen Sie Ihre Mitarbeiter und regen Sie sie dazu an, innovativ zu sein, und zwar nicht nur die Mitarbeiter der Innovationsabteilung. Beziehen Sie außer den Innovationsmanagern beispielsweise auch Schiffsmannschaften oder die Einkaufsabteilung mit ein. Stellen Sie den involvierten Mitarbeitern ein Innovationsbudget zur Verfügung. Mit diesen Schritten zeigen Sie als Organisation, dass Innovation Ihnen wichtig ist. Außerdem sind dies die kritischen Erfolgsfaktoren für Innovationen.“
Innovation geht nie schief
Hedi ist der Auffassung, dass Innovationen auf keinen Fall schiefgehen können. „Jede Innovationsbemühung hat ihren Wert. Einfach, weil man daraus lernt. Es ist natürlich schon wichtig, dass man schnell daraus lernt, damit es nicht zu viel Geld kostet. Ein Start-up kann eine Innovation zum Beispiel zu einem falschen Zeitpunkt präsentieren. Oder die Idee wird dem falschen Unternehmen vorgestellt, weil dieses Unternehmen das Problem noch gar nicht hat. Eventuell ist auch schon eine andere Lösung für das Problem auf dem Markt. Deswegen ist eine Marktanalyse unverzichtbar.“
Eine einzige Roadmap
Wenn Sie selbst das Sagen über die Innovationen im Rotterdamer Hafen hätten, was würden Sie in Angriff nehmen? Hedi antwortet: „Ich hätte gerne eine einzige Roadmap für die Energiewende im Hafen, an die sich alle halten. Auf einer solchen Roadmap stünde beispielsweise die Aufgabenverteilung, wer was tut und organisiert, sodass es schneller geht. Außerdem die Auswahl der Brennstoffe, die wir nutzen wollen, die Infrastruktur und wer für was endverantwortlich ist. Meiner Meinung nach kann man den Prozess auf diese Weise am besten beschleunigen, aber ich begreife, dass das utopisch ist. Gute Zusammenarbeit ist allerdings möglich und die findet bei uns zum Glück schon statt.“
Behäbiges Europa
„Im Vergleich zu Amerika und Asien ist Europa leider ziemlich behäbig, wenn es um Innovation geht. Die Organisationen dort investieren mehr Geld in Innovation“, stellt Hedi fest. „In Europa tätigt beispielsweise Israel hohe Investitionen im Innovationsbereich. In unserem Land ist die Finanzierung für Start-ups und Scale-ups leider unzureichend. Ich befürchte, dass wir dadurch in der Rangordnung zurückfallen und ins Hintertreffen geraten. Wir profilieren uns als Kenntnisland. Innovation steht für Kenntnis. Investitionen in die Innovation sind, was mich angeht, also ein Muss.“
„Wir profilieren uns als Kenntnisland. Innovation steht für Kenntnis. Investitionen in die Innovation sind, was mich angeht, also ein Muss.“
Nachhaltigkeit verbessern
„Was ich selber im Bereich der Innovation tue? Meiner Meinung nach ist Ökologisierung auch Innovation. Ich hatte bereits Solarmodule, aber bald werden weitere auf unserem Dach angebracht. Wir haben zwei Elektroautos. Für unsere Kinder kommt ein benzinbetriebenes Autos sowieso nicht in Frage. Es macht mir Mut zu sehen, dass die Jugendlichen so energiebewusst sind. Außerdem installieren wir in Kürze eine Wärmepumpe. Darüber hinaus esse ich weniger Fleisch, fahre mit dem Zug in Urlaub und verbrauche möglichst wenig Energie.“
Cabrio
Hedi überlegt, was für sie die schönste Innovation ist und plötzlich fällt es ihr ein: „Tja, das ist wohl mein elektrischer Fiat 500 mit Cabriodach. Weil ich meistens alleine im Auto sitze und keine langen Strecken fahre, habe ich bewusst nach einem kleinen Auto gesucht. Je weniger Masse man bewegen muss, desto weniger Energie verbraucht man. Mit dem offenen Dach macht es auch noch Spaß, einen positiven Beitrag für die Umwelt zu leisten.“
Innovationsformen
„Bei Innovationen denkt man zum Beispiel oft an die selbstfahrenden Autos von Tesla, diese werden disruptive Innovationen genannt. Oder an neue Dienstleistungen und Produkte. Innovation kann allerdings auch die sicherere, effizientere und nachhaltigere Gestaltung von Arbeitsweisen und Verfahren sein“, erläutert Hedi. „Im letzten Fall, bei den sogenannten inkrementellen Innovationen, besteht eine große Chance auf schnelle Wirksamkeit. Denn es gibt bereits eine Lösung, die allerdings suboptimal ist. Wenn man etwas optimieren kann, indem man es einfacher, billiger oder nachhaltiger macht, bezahlen Organisationen gerne dafür.“
*Hedi Visscher ist nicht mehr als Direktorin von PortXL tätig. Christel Pullens, Direktorin (a.i.), hat diese Position derzeit inne.
Dünung
In dieser Rubrik trifft man Menschen, die sich für intelligente und nachhaltige Lösungen im Hafen und für die Erde allgemein einsetzen. Lassen Sie sich von ihnen inspirieren und helfen sie mit, diese Lösungen umzusetzen.
