Energiewende

Wattlab macht die Binnenschifffahrt nachhaltig: stapelbare Luken mit ultradünnen Solarzellen.

2 August 2021
Wie können wir Ihnen helfen?

Im Rotterdamer Hafen fahren Binnenschiffe mit ultradünnen und robusten Solarzellen auf den Luken. Das Rotterdamer Start-up Wattlab trägt so zu einer nachhaltigeren Binnenschifffahrt bei. Bo Salet, Mitgründer von Wattlab: „Für die Energiewende müssen wir den Platz, den wir haben, intelligent nutzen. Wir entwickeln neue Sonnenenergie-Anwendungen und gewinnen Energie dort, wo sie benötigt wird.“

Die Werkstatt von Wattlab im Gewerbekomplex de Kroon ist voll mit Solarkollektoren, Elektrodrähten und Lötkolben. Bo: „Hier entwickeln und gestalten wir. Diese Werkstatt ist für ‚Rapid Prototyping‘ eingerichtet, also dafür, schnell Prototypen erstellen zu können. Wir setzen die verschiedenen Schichten der Kollektoren selbst zusammen und schaffen so Solarkollektoren mit ganz bestimmten Eigenschaften und Formen. So können wir eine große Vielfalt von Solarkollektoren herstellen, die auch einmaligen Anforderungen entsprechen können. Von hauchdünnen, leichten Solarfolien und biegsamen robusten Solarkollektoren bis zu flexiblen Kollektoren in jeder beliebigen Form. Wir integrieren ganze Solarsysteme in bestehende Produkte. Deshalb ermöglicht es uns die völlige Formfreiheit, die für uns entscheidend ist, unseren Ideen freien Lauf zu lassen. Unsere Kunden wollen mit ästhetisch ansprechenden Solarkollektoren das Beste aus dem verfügbaren Platz herausholen, und das zu einem günstigen Preis. Das ist unsere Herausforderung!“

Schöne Welt

Mit den Sonnenenergie-Anwendungen trägt Wattlab bewusst zur Energiewende bei. Bo: „Wir sind die erste Generation, die vollständig begriffen hat, welchen Einfluss der Klimawandel auf unser Leben hat und zugleich sind wir die letzte Generation, die daran noch etwas ändern kann. Diese Verantwortung wollen wir übernehmen. Ich bin davon überzeugt, dass wir bei der Bekämpfung des Klimawandels außerdem eine schönere Welt erschaffen können. Wir sollten die problematischen Entwicklungen nicht bagatellisieren, sondern diese Situation als Chance nutzen, um neue Standards zu schaffen und sie grundlegend zu ändern. Um Fortschritte erzielen und eine bessere Gesellschaft für alle erreichen zu können.

Logischer Schritt

Die Arbeit mit Solarenergie war eigentlich ein logischer Schritt für Bo Salet, David Kester und Siebe Roef, die Gründer von Wattlab. Im Jahr 2016 lernte sich das Trio beim Nuon Solar Team der TU Delft kennen. Sie ließen sich von der Leichtbauweise in Rennwagen inspirieren und beschlossen, ihre Kräfte zu bündeln und ihr Wissen vielfältig zu nutzen. Ein Jahr später wurde Wattlab bei der Handelskammer eingetragen. Bald darauf wird das Start-up von vielen Seiten von Menschen und Unternehmen angesprochen, die Ideen für Solarenergie entwickelt haben.

So fahren die Lieferfahrzeuge des Online-Supermarkts Picnic seit 2019 mit hauchdünnen Solarpaneelen, über die im Sommer die Lebensmittel gekühlt werden. Über verschiedene Kontakte kam Wattlab in diesem Jahr auch mit der Welt der Binnenschifffahrt in Kontakt. Bo: Wir wollten die Binnenschifffahrt nachhaltiger machen und gingen nach Damen, um dort zu erkunden, welche Möglichkeiten sich bieten. Zugleich wurden wir von einem Kapitän angesprochen, der sein Schiff mit Solarkollektoren ausstatten wollte. Damen vermittelte uns den Kontakt zu Blommaert Aluminium Constructions, einem Unternehmen, das unter anderem Schiffsluken für die Schifffahrt herstellt. Dann ging alles ganz schnell. Im Herbst 2020 haben wir unseren ersten Pilotversuch durchgeführt, und Ende 2021 werden die Solarluken im Handel erhältlich sein.

Freiheit des Kapitäns

Die Welt der Binnenschifffahrt hat vielleicht einen konservativen Ruf, aber Wattlab erlebt dies ganz anders. „Sehr bald konnten wir mehrere Schiffsführer begeistern, die am Pilotprojekt teilnehmen mochten. Auch die Binnenschifffahrt erkennt die Vorteile von Solarluken. Durch die Verarbeitung der Sonnenkollektoren in den Luken, nutzen wir vorhandenen Platz und reduzieren die Emissionen des Schiffs. Der Kapitän gewinnt die Freiheit, dort anzulegen, wo er will, und ist nicht von Landstrom abhängig.“

Binnenschiff mit Solarzellen

Stille Nacht

Der Ertrag lügt nicht: Im Durchschnitt produziert eine Luke 2900 Kilowattstunden pro Jahr, was dem Verbrauch eines durchschnittlichen niederländischen Haushalts entspricht. Bo: „Auf einem 110 Meter langen Schiff gibt es 22 Luken. Das ergibt viel Energie. Schiffe mit Elektromotor können die Sonnenenergie für den Antrieb nutzen und so Treibstoff sparen. Auch an Bord wird viel Energie verbraucht. Beispielsweise wird für Kräne, Pumpen, die Navigation, aber auch für die Wohnräume der Besatzung viel Energie benötigt. Die Kollektoren können auch anstelle von Dieselgeneratoren verwendet werden. Die Amortisierungszeit für einen Kapitän beträgt etwa 5 bis 8 Jahre. Danach wird die Energie kostenlos erzeugt. Und natürlich liegen die weiteren Vorteile in sauberer Luft, geringeren Wartungskosten und im Ausbleiben von Generatorgeräuschen, also in wieder nächtlicher Ruhe.“

Anstoß

Inzwischen läuft der zweite Pilotversuch, und Wattlab hat eine Menge gelernt: „Als wir anfingen, wussten wir nichts über Binnenschifffahrt oder Schiffsluken. Da das Be- und Entladen sehr rau sein kann, müssen die Luken einiges aushalten können. Wir haben zunächst ein System mit Leichtbauplatten auf Rollluken entwickelt, da die Stapelhöhe noch keine feste Vorgabe war. Als uns dies Ende letzten Jahres gelang, konnten wir uns auf die gebräuchlicheren stapelbaren Luken konzentrieren, die „Friesche Kap“-Luken, wie sie auf Binnenschiffen genannt werden. Bei unserem neuesten Prototyp befinden sich die Solarkollektoren, einschließlich der Montage, aller elektrischen Anschlüsse und sonstiger Elektrik, innerhalb der maximal verfügbaren Höhe von nur 30 Millimetern! Wir haben jetzt ein Produkt, das wirklich marktreif ist. Es wäre natürlich schön, wenn die Kollektoren bei neuen Schiffen serienmäßig eingebaut würden. Sie sind aber auch für die Nachrüstung geeignet, d.h. man kann die alten Luken auf bestehenden Schiffen durch die Solarluken ersetzen.

Bo Salet von Wattlab

Gemeinsame Herausforderung

Bei Wattlab steht Kooperation an erster Stelle. „Wenn eine Partei bestimmte Chancen erkennt, unterstützen wir sie gerne. Umgekehrt erleben wir das selbst auch in Rotterdam und im Hafen. Überall treffen wir auf Menschen, die mitdenken und mithelfen, und so zum Erfolg beitragen. Die Stadt und der Hafen fördern Initiative und Innovation. Diese konstruktive Haltung ist auch beim Hafenbetrieb zu beobachten. Wir haben eine gemeinsame Herausforderung: das Klimaproblem. Wenn wir zusammenarbeiten, erhöhen wir die Erfolgsaussichten.“

Der Rat von Bo an andere Unternehmen, die sich für ein nachhaltiges Rotterdam einsetzen wollen: „Einfach ausprobieren, umsetzen und darüber sprechen. Es gibt sehr viele Möglichkeiten: von weniger Fleisch essen über mehr Fahrradfahren bis hin zur Installation von Solarkollektoren auf Ihrem Schiff können Sie auf vielerlei Weise einen Beitrag leisten. Man lernt, indem man auch mal auf die Nase fällt, haben Sie keine Angst und machen Sie das, was zu Ihnen passt!