Nachhaltigkeit

Werden wir bald mit reinem Gewissen zu einem Urlaubs- oder Geschäftsflug in ein Flugzeug steigen können?

29 Juni 2021
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Bei der finnischen Firma Neste, dem weltweit größten Hersteller von erneuerbarem Diesel, erwartet man das. Im Rotterdamer Hafengebiet produziert Neste derzeit jährlich etwa anderthalb Milliarden Liter erneuerbaren Diesel. Nachhaltiger Flugtreibstoff wird bald hinzukommen. „Die Zeit ist reif dafür.“ Und das bestätigen die Investitionen. Das Unternehmen hat rund 190 Millionen Euro vorgesehen, um die bestehende Raffinerie Maasvlakte auf die Produktion von nachhaltigem Flugtreibstoff, in der Luftfahrtbranche Sustainable Aviation Fuel genannt, vorzubereiten. Der große Vorteil dieses Treibstoffs besteht darin, dass er in seiner reinen Form die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu herkömmlichem Kerosin um 80 bis 90 Prozent reduziert'', erklärt Bart Leenders, Vice President Production bei Neste. „Es ist dabei kein fossiles Erdöl im Spiel.''

Neste, Hersteller von erneuerbarem Diesel und nachhaltigem Flugbenzin

Übernahme

Neste stellt Flugtreibstoff aus Abfällen und Rückständen her, darunter Altspeiseöl und Tierfett aus der fleischverarbeitenden Industrie. Diese Inhaltsstoffe werden weltweit zusammengetragen. Laut Leenders will Neste weiterhin an der Spitze der erneuerbaren Kraftstoffe stehen. Dieser Ehrgeiz wird von Investitionen begleitet, die es ermöglichen, mehr Abfall und Reststoffe als Rohstoffe einzusetzen. „Aus diesem Grunde haben wir kürzlich die benachbarte Bunge-Raffinerie übernommen. Sie wird eine sehr wichtige Rolle bei der Reinigung und Vorbehandlung unserer Rohstoffe spielen. Leenders ist überzeugt, dass erneuerbare Kraftstoffe eine wichtige Rolle dabei spielen werden, die Wirtschaft und die Luftfahrt nachhaltiger zu gestalten. Deshalb will Neste noch eine weitere Fabrik in Rotterdam bauen. Damit sollen die Produktionskapazitäten für erneuerbare Kraftstoffe und Rohstoffe für die chemische Industrie auf einen Schlag verdoppelt werden. Die Auswirkungen der geplanten Investition von rund 1,5 Milliarden Euro sind erheblich. Es geht um mehr als hundert direkte Arbeitsplätze und über 4500 Mannjahre Arbeit für den Bau der Anlage. Noch wichtiger ist jedoch, dass dadurch eine zusätzliche Einsparung von ca. 3,5 Millionen Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr erzielt wird. Dies deckt sich mit dem ehrgeizigen Ziel, das sich Neste gesetzt hat. Im Jahre 2030 will das Unternehmen gemeinsam mit seinen Kunden den Ausstoß von Treibhausgasen um mindestens 20 Millionen Tonnen reduziert haben. Im vergangenen Jahr wurde bereits der Meilenstein einer Reduktion von 10 Millionen Tonnen erreicht. Die endgültige Investitionsentscheidung für die neue Anlage wird bis Ende dieses Jahres oder Anfang 2022 erwartet. Leenders ist positiv:,,Wir haben schon immer den Mut gehabt, als erster am Markt zu investieren, und dies ist der richtige Zeitpunkt.''

Kreislaufwirtschaft

In der Sichtweise von Leenders ist die Corona-Pandemie der große Wendepunkt für die Kreislaufwirtschaft, auch im Bereich der Luftfahrt. „Die Erwartungen sind, dass die Luftfahrtindustrie bald wieder zu wachsen beginnt. Die mit diesem Wachstum verbundene Herausforderung ist klar: Mehr Flüge dürfen nicht zu zusätzlichen Emissionen führen. Dann muss man in niedrigere Emissionen investieren. Damit das gelingt, ist eine entsprechende Gesetzgebung in Vorbereitung. Der erste Schritt ist die Beimischung von nachhaltigem Treibstoff. Der nächste Schritt werden Flüge sein, die komplett mit nachhaltigem Treibstoff durchgeführt werden. Technisch ist das möglich. Leenders sieht in der gesamten Kette die Dringlichkeit zunehmen, den Emissionen zu begegnen, und nicht zuletzt, weil Nachhaltigkeit immer mehr zu einem Wettbewerbsfaktor wird. Immer mehr kleine Unternehmen der Geschäftsluftfahrt entstehen, die sich durch die Verwendung von nachhaltigerem Kraftstoff differenzieren wollen. Auch große Fluggesellschaften wie die KLM sind sich dessen bewusst, dass sie umdenken müssen. Darüber hinaus bereiten viele europäische und nordamerikanische Flughäfen ihre Infrastruktur auf die neue Ära vor. „Der Start liegt hinter uns.''

Die Rolle der staatlichen Behörden bei all diesen globalen Entwicklungen ist wichtig, meint Leenders. Eine Regulierung ist unerlässlich, um den Schritt zu einem erschwinglichen Marktprodukt machen zu können. Wir haben dies früher ebenfalls beim Straßenverkehr gesehen. Dort hat eine gesetzliche Verpflichtung zur Kraftstoffbeimischung dafür gesorgt, dass die nachhaltigere Gestaltung auf wirtschaftlich verantwortungsvolle Weise beschleunigt wurde.

Der Multinational Neste ist schon jetzt der weltweit größte Hersteller von erneuerbarem Diesel. Im Laufe von zehn Jahren hat sich Neste von einem traditionellen petrochemischen Unternehmen zum Vorreiter auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit entwickelt. Neste betreibt unterdessen Anlagen für erneuerbare Kraftstoffe in Finnland, Singapur und den Niederlanden.

Auch die dazugehörige Infrastruktur hat sich, laut Leenders, parallel entwickelt. Man kann inzwischen Neste MY Renewable Diesel an mehr als hundert Tankstellen in den Niederlanden finden, auch in der Region Rijnmond. So kann man im Handumdrehen einen Beitrag zu einer saubereren Welt leisten, ohne dass es viel mehr kostet. Neste MY senkt die CO2-Emissionen um 80 - 90 % und die Feinstaubemission werden im Vergleich zu fossilem Diesel um 30 % verringert.“

Für den Einsatz von Sustainable Aviation Fuel sieht er in den kommenden Jahren einen Höhenflug voraus. Er weist auf alle ökologischen Programme hin, die bei den großen Luftfahrtgesellschaften bereits jetzt für ihre Geschäftsreisenden vorliegen. Aber auch der durchschnittliche Tourist wird sich seines ökologischen Fußabdrucks zunehmend bewusst, sagt er. „Das merken wir zum Beispiel an den vielen Fragen der Verbraucher zu Neste MY.'' Die Luftfahrtindustrie hat sich weltweit Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen gesetzt, wie beispielsweise das bereits eingeleitete kohlenstoffneutrale Wachstum und eine 50-prozentige Reduzierung der CO2-Emissionen bis 2050.

Bindeglied

Laut Leenders ist nachhaltiger Flugkraftstoff derzeit die einzige realisierbare Alternative zu fossilen Brennstoffen. Und das Hafengebiet von Rotterdam ist eine sehr attraktive Region für Neste als Glied in der Kette, um dieser Kreislaufwirtschaft weiter Gestalt zu verleihen.

Dieser Artikel wurde in der Beilage „De aanpak“ (die Vorgehensweise) der niederländischen Tageszeitung Algemeen Dagblad veröffentlicht. Dies ist eine Veröffentlichung von ADR Nieuwsmedia in Zusammenarbeit mit Platform Transitions Rotterdam und wird ermöglicht durch Deltalinqs, Eneco, den Hafenbetrieb Rotterdam, die Hogeschool Rotterdam und Woonstad Rotterdam.